Exportieren deutsche Unternehmen weiterhin trotz Verbots Plastikmüll in die Türkei und nach Südostasien? Recherchen von Greenpeace deuten daraufhin: Mit Trackern hat die Umweltschutzorganisation Plastikmüll-Lieferungen aus Deutschland verfolgt. Etwa ein Drittel der Stichproben landete im Ausland
Eine Spur führt in die Türkei
Mit den versteckten Tracking-Geräten konnte Greenpeace nach eigenen Angaben 2021 und 2022 die Transportwege des Plastikmülls verfolgen. Die Tracker seien unter anderem im Müll einer Firma aus Reinbek in Schleswig-Holstein versteckt worden. Von hier aus wurden die Abfälle u.a. in die Türkei gebracht. Der Export von nicht recycelbaren Mischplastikabfällen ist laut der Basler Konvention, einem von 187 Ländern unterzeichneten Umweltschutzabkommen, verboten. Das Unternehmen in der Türkei habe laut Greenpeace keine Lizenz für die Verarbeitung von Plastikabfällen.
Kontaminierter Elektroschrott nach Malaysia verschifft
Eine weitere Spur führt nach Südostasien. Greenpeace platzierte Ortungsgeräte in Big Bags, in denen sich zerkleinerte Bruchstücke aus Hartplastik befanden – offenbar Reste aus Hartschalen von entsorgten Elektrogeräten. In dem Bericht heißt es, ein unabhängiges Labor habe Schadstoffe in dem Plastik entdeckt: „In allen drei der daraus entnommenen Proben befand sich Brom, das vermutlich aus bromierten Flammschutzmitteln stammt.“ Zwei von fünf versteckten Trackern wurden in die Stadt Seremban sowie auf die malaysische Hafeninsel Palau Indah verschifft. Bei einer anderen Probe meldete sich der Tracker aus der Nähe der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur. Greenpeace-Rechercheure nahmen das Unternehmen daraufhin in Augenschein. „Der Zustand der Anlage ist erschreckend“, schreibt Greenpeace auf Twitter, der Müll verschmutze zudem die umliegenden Gewässer.
Warum werden diese Abfälle nicht recycelt?
Ein Großteil des in Deutschland gesammelten Plastikmülls ist nicht sortenrein, sondern gemischt – und damit fürs Recycling nur noch bedingt geeignet. Andere Abfälle sind mit Schadstoffen belastet – die Entsorgung ist entsprechend teuer. Der Verdacht: Die Recycling-Firmen entledigen sich solcher Abfälle, indem sie diese ins Ausland verschiffen. Was dort damit passiert, kann aus Deutschland praktisch nicht kontrolliert werden.
Exportierter Müll taucht in deutscher Recyclingquote auf
Besonders absurd ist, dass sich die Müll-Exporte positiv auf die deutsche Recyclingquote auswirken – sie werden nämlich mitgezählt, obwohl ein ordnungsgemäßes Recyclingverfahren nicht gewährleistet ist. Dr. Michael Jedelhauser, Referent für Kreislaufwirtschaft der Umweltschutzorganisation Nabu, schreibt dazu: „Die Nachweis- und Kontrollsysteme sowie die Recyclinginfrastruktur in den Zielländern sind oftmals mangelhaft, so dass nur ein Teil der Abfälle tatsächlich recycelt wird. Der Rest wird unter niedrigen Umweltstandards verbrannt, deponiert oder wild entsorgt.“
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