Neue EU-Verpackungsverordnung: Beim Einkauf und auf Reisen sind die Auswirkungen besonders drastisch

Neue EU-Verpackungsverordnung: Beim Einkauf und auf Reisen sind die Auswirkungen besonders drastisch 1920 768 flustix

Die EU macht Druck: Abfallintensive Verpackungen sollen verboten, Mehrweg- und Recyclinglösungen massiv gefördert werden – dafür hat die zuständige Kommission eine Überarbeitung der EU-Richtlinien für Verpackungsmüll vorgeschlagen. Bestimmte Verpackungen, die in unserem Alltag bisher selbstverständlich waren, werden künftig sogar ganz verboten.

EU zieht Notbremse gegen noch mehr Müll

Die Zahlen sind erschreckend: Knapp 180 kg Verpackungsmüll pro Kopf und Jahr fallen in Europa an. Verpackungen fressen Rohstoffe: 40 Prozent des frischen Kunststoffs und 50 Prozent des in der EU produzierten Papiers werden für Verpackungsmaterialen genutzt. Tendenz: steigend. Ein Trend, der nun gestoppt wird. Ziel: Der Verbrauch von Primärrohstoffen soll massiv gesenkt werden. Stattdessen müssen Waren künftig in Material mit möglichst hohem Recycling-Anteil verpackt werden.

Eindeutige Etiketten in ganz Europa

Um die Kreislaufwirtschaft zu stärken, werden Verpackungen eindeutiger gekennzeichnet: Jede Verpackung wird mit einem Etikett versehen, aus dem hervorgeht, woraus sie gemacht ist und in welchen Abfallbehälter sie gehört. Die Abfallbehälter erhalten die gleichen Etiketten – einheitlich in ganz Europa. Das sei ein sehr ambitioniertes Vorhaben, sagt Malte Biss von flustix, „denn wir haben ja gar keine einheitlichen Recyclingsysteme in Europa – und damit auch komplett unterschiedliche Infrastrukturen. Um diese Einheitlichkeit endlich zu erreichen, ist der Vorstoß der EU genau richtig.“

Beim Einkauf und auf Reisen werden die neuen Regeln zu spüren sein

Im Visier der EU-Kommission stehen vor allem Einwegverpackungen – und das werden auch die Verbraucher:innen zu spüren bekommen. Beim Einkauf und auf Reisen gibt es die drastischsten Änderungen. Künftig verboten:

  • Für Lebensmittel und Getränke, die in einem Restaurant oder Café verzehrt werden, dürfen künftig keine Einwegverpackungen mehr benutzt werden. Das könnte vor allem Fast-Food-Restaurants betreffen: McDonalds testet aktuell bereits Mehrwegverpackungen für Speisen, die vor Ort gegessen werden. Die seit Jahrzehnten genutzte Pommes-Schale im Papier-Gewand wäre damit Geschichte.
  • Auch bei Obst und Gemüse werden Einwegverpackungen verboten. Damit wäre gesichert, dass z.B. Bananen nicht nochmals extra in Plastik verpackt werden.
  • Mini-Shampoo-Flaschen und andere Miniaturverpackungen, wie wir sie aus Hotels kennen, dürfen nicht mehr verwendet werden.

Bis 2030 müssen Verpackungen uneingeschränkt recyclingfähig sein

Die Anforderungen an Verpackungsmaterial sind in der neuen Verordnung sehr klar definiert. Ziel: Bis 2030 müssen alle Verpackungen komplett recyclingfähig sein. Außerdem wird festgelegt, welchen Anteil an Rezyklaten insbesondere Plastik-Verpackungen enthalten müssen. Hier spielt Deutschland eine Vorreiterrolle: Das Einwegpfand-System sorgt dafür, dass hochwertige PET-Flaschen nach der Nutzung wieder verwertet werden können – vor allem, weil sie sortenrein und sortiert über die Pfandautomaten zurückkommen.

Schluss mit dem Bioplastik-Verwirrspiel

Die neue Verordnung bringt auch Licht in den Bioplastik-Dschungel. Aktuell werden auch Einweg-Getränkebecher als „kompostierbar“ beworben, obwohl es praktisch gar keine Möglichkeit gibt, solche Produkte zu kompostieren. Außerdem: Biomasse, die zur Herstellung solcher Kunststoffe verwendet wird, muss künftig aus nachhaltigen Quellen stammen. Das bedeutet: Für die Produktion dürfen keine als Lebensmittel oder Futter verwertbaren Rohstoffe (wie z.B. Mais) verwendet werden, sondern nur die Abfälle oder Nebenprodukte aus der Produktion. Um Greenwashing zu vermeiden, müssen Hersteller auf Angaben wie „Bioplastik“ und „biobasiert“ verzichten. Der Anteil an biobasiertem Kunststoff muss exakt angegeben werden (z. B.: „Das Produkt enthält 50 % biobasierten Kunststoff“).

Verband: Mehr Jobs, Verbraucher:innen sparen Geld

Die Recycling-Spezialist:innen vom Bundesverband Sekundärstoffe und Entsorgung (bvse) bewerten den Vorstoß der EU-Kommission durchweg positiv. In einer Stellungnahme des Verbands (ca. 1000 Mitglieds-Unternehmen) heißt es:

  • „Allein die Förderung der Wiederverwendung dürfte bis 2030 zu mehr als 600 000 Arbeitsplätzen in dem entsprechenden Sektor führen, viele davon in lokalen kleinen und mittleren Unternehmen.“
  • „Wir erwarten sehr innovative Verpackungslösungen, die Verringerung, Wiederverwendung und Recycling den Weg ebnen. Dank der Maßnahmen dürfte auch Geld gespart werden. Alle Menschen in Europa könnten knapp 100 Euro pro Jahr sparen, wenn Unternehmen Einsparungen an Verbraucher weitergeben.“

Jetzt berät das EU-Parlament über die Vorschläge der Kommission

Der Vorschlag über Verpackungen und Verpackungsabfälle wird nun vom Europäischen Parlament und vom Rat beraten, danach wird aus der bisherigen Richtlinie (über die Umsetzung entscheidet jeder Staat eigenständig) eine Verordnung, die unmittelbar nach Inkrafttreten in allen Mitgliedsländern gilt. Für das erste Quartal 2023 hat die Kommission weitere Vorschläge angekündigt: Dann soll die Green-Claiming-Richtlinie erweitert werden. Sie soll u.a. den Siegel-Wildwuchs stoppen und künftig dafür sorgen, dass Angaben zu ökologischen Vorteilen von unabhängigen und offiziell zugelassen Institutionen auf Basis von anerkannten Normen zertifiziert werden. Die flustix-Siegel gehören bereits jetzt zu den europaweit anerkannten Siegeln im Bereich des Kunststoff-Recyclings.

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