Der große flustix-Test
Mehr als 25 Flaschen Duschgel und Shampoo wäscht jeder Mensch in Deutschland pro Jahr leer. Hinzu kommen noch dutzende weitere Dosen, Tuben und Flaschen von Zahnpasta, Rasiercreme oder Bodylotion. Zurück bleibt ein unvorstellbarer Berg Plastikmüll. Immer mehr Hersteller setzen deshalb auf feste Shampoos und Seifen ohne Plastikverpackungen. Ein Trend, der tonnenweise Plastikmüll verhindern könnte. Flustix schaute sich um – und testete 17 Produkte.
Die Grundidee hinter festen Seifen ist simpel:
- Weniger Wasser. Herkömmliche Duschgels enthalten etwa 70 bis 90 Prozent Wasser. In festen Duschseifen liegen die Wirkstoffe als Konzentrat vor. Für denselben Reinigungseffekt muss also viel weniger Seife-Wasser-Gemisch transportiert werden.
- Andere Verpackung. Da nach dem Entzug von Wasser keine Flüssigkeit mehr verpackt werden muss, können Seife, festes Shampoo und Co. In einer kleinen Pappschachtel oder sogar lose verkauft werden.
Klingt sinnvoll und praktisch. Aber lohnt sich das? Redakteurin Ulrike (49) und ihre Familie testeten die neuen Produkte.
Das Daily-Soap-Tagebuch
Tag 1
Haushalts-Inventur und Planung: Was brauchen wir alles?
Kann man das wirklich alles, was zuhause an Hygiene, Reinigungs- und Waschmitteln durch feste Produkte ersetzen? Nach einer ersten Recherche bin ich überrascht: Die Sachen gibt es mittlerweile nicht nur im Reformhaus oder in Unverpackt-Läden, sondern in jedem Drogeriemarkt und sogar im Discounter. Auch die Auswahl ist viel größer als erwartet: Ich kann zwischen dutzenden festen Duschgels und Shampoos wählen, finde weitere Innovationen: festen Rasierschaum, Körperbutter im Stück, Zahncreme-Tabletten in der Papiertüte, Haarspülung, schwarze Seife fürs Gesicht. Es gibt sogar Kindershampoo und Babycreme.
Tag 2
Der Einkauf: Gut 50 Euro für die ganze Familie – und alles ohne Plastik
Ich gehe auf Shoppingtour in Dresden und viele bunte Päckchen fürs Bad wandern in meinen Korb. Die Küche bekommt eine Spülseife und ein Allzweckreiniger-Starterset mit Brausetablette.
Preis. Komisch, es fühlt sich an wie ein Einkauf für den Kinderkaufmannsladen. Die Päckchen sind winzig. Manche finde ich ganz schön teuer. Fast sechs Euro für ein Stück Seife? Aber die Produkte sollen ja lange halten. Das Komplettset für unsere Familie kostet knapp 54 Euro. Die meisten Artikel werden wir wohl monatelang nicht nachkaufen müssen.
Verpackung. Alle Produkte stecken in Pappverpackungen, die vier bis zehn Gramm wiegen. Das Starterset für den Allzweckreiniger enthält eine Plastiksprühflasche, die immer wieder neu befüllt wird.
Gewicht. Alle neuen Seifenstückchen müssen zum Wiegen an der Küchenwaage „antreten“. Am leichtesten ist die Fußcreme (40 Gramm), am schwersten die Spülseife (132 Gramm), Duschseife und Shampoos liegen zwischen 64 und 98 Gramm.
Tag 3
Der erste Tag ohne Spüli und Zahnpastatube
Brille putzen. Statt flüssigem Spüli nehme ich heute das feste Spülmittel, übertrage einfach mit den Fingerspitzen etwas Seife auf die Gläser. Funktioniert wunderbar und genauso schnell. Normalerweise tropfe ich einen Klecks aus der Flasche direkt auf die Gläser. Diesmal habe ich viel weniger Seife benutzt.
Geschirr spülen. Praktischerweise ist unsere Spülmaschine kurz vor diesem Test kaputt gegangen… Auf der Packung werden zwei „Spültechniken“ empfohlen: Seife entweder direkt mit der Spülbürste vom Seifenstück aufs Geschirr übertragen oder das Spülwasser mit Seife versetzen. Ich nehme mit dem Schwamm etwas Seife auf, wasche vier bis fünf Geschirrteile damit und spüle sie dann im Spülbecken aus. Es wird sauber, ist aber ein ganz schönes Gefummel.
Hände waschen. Heute feiert richtige Seife am Stück eine Renaissance in unserem Haushalt. Seife 2.0 ist schicker als früher, oft rund oder quadratisch, mit Trenddüften und neuem Namen. Ich verstecke die gewohnten Pumpspender. In der Küche waschen wir uns jetzt umweltbewusst mit dem „Soap Bar Carpe Diem“ in Grapefruit/Limette, im Bad etwas bescheidener mit der „Reinen Pflanzenölseife“ mit Orangenduft. Für unseren Sohn (10) ist Seife eine Art Telefonzelle des Badezimmers – ein Relikt aus Urzeiten. Immerhin einfach zu benutzen. Findet er „ganz nice“.
Haare waschen. Das quadratische Shampoo von Santé sieht hübsch aus. „Care For You And The World“ ist eingeritzt. Ich reibe das Seifenstück zwischen meinen Händen und übertrage das Ergebnis auf meine nassen Haare. Es schäumt kaum. Ich brauche mehr. Nochmal. Wieder nix. Ich reibe direkt mit der Seife auf meinen Haaren herum. Sie ist so hart, das kaum etwas abgeht. Irgendwann kann ich meine Haare dann doch waschen. Beim Trocknen wirken sie leider eher spröde als „repaired“. Ich versorge sie mit Conditioner aus der Plastikflasche. Morgen neuer Versuch.
Duschen. Ich probiere als erstes die Duschseife von Isana. Sie ist relativ weich, lässt sich gut aufschäumen. Funktioniert sehr gut und dauert nicht länger als mit Flüssigduschgel. Das Aufhängeband ist praktisch, eigentlich. Nehme mir vor, ein paar Saughaken zu kaufen.
Zähne putzen. „Zahnputz-Tabletten“ steht auf der Papiertüte. 84 Stück. Ich nehme eine in den Mund, zerbeiße sie. Erinnert mich an Pfefferminzpastillen aus meiner DDR-Kindheit. Es schäumt und schmeckt prima. Zähneputzen funktioniert! Fazit: Die Tabletten haben mich sofort überzeugt. immer richtig dosiert, mit einem Griff einsatzbereit. Viel praktischer als Zahncreme aufschrauben, Rest herausquetschen, Klecks im Waschbecken suchen… Man kann sie auch super mitnehmen fürs Zähneputzen unterwegs.
Tag 4
Jetzt klappt auch die Haarpflege mit dem festen Shampoo
Zähne putzen 2. Mein Mann schäumt. Er wartet seit einer Minute darauf, dass die Tablette im Mund schmilzt. „Du musst die zerkauen!“ kann ich schon fachsimpeln. Es klappt. Er findet das Zahnputzerlebnis okay, teilt meine Euphorie aber nicht.
Haare waschen 2. Heute probiere ich das runde Shampoo von Haarliebe. Es klappt schon besser. Ich hole mir zweimal Schaum mit den Händen und massiere ihn direkt in den Haaransatz. Meine Haare werden so sauber, dass sie quietschen. Sie fühlen sich nach dem Trocknen voll und gepflegt an.
Rasieren. Mit der rosa Seife lässt sich ein schöner Schaum auf den Beinen erzeugen. Rasieren klappt wie immer, bin überzeugt. Das könnte eine echte Alternative zum Metalldose-mit-Plastikdeckel-Schaum werden.
Duschen 2. Ich probiere die runde Duschseife von Share. Mir fällt der frische Duft auf. Duschen funktioniert wieder problemlos.
Duschen 3. Unser Sohn testet die blaue Männer-Duschpflege mit dem Aufhängeband. Und, wie hat es geklappt? „Gut.“ Wie war es denn, wie bist du zurecht gekommen? „Alles wie immer!“ Die 3-in1-Pflege ist für Körper, Gesicht und Haare geeignet. Mein Mann freut sich: nur noch ein einziges Unter-100-Gramm-Stück für alles – und das darf sogar mit ins Handgepäck!
(Ich lese auf der Verpackung: 0 % Plastik, 0 % Seife. Häh? Bin verwirrt. Das muss ich unbedingt aufklären.)
Gesichtspflege. Die teuerste Reinigung (auch wieder 0 % Seife) kommt zum Einsatz: der dunkelgraue Peeling-MagicBar von Nivea. Ich seife mein Gesicht damit ein. Weil ich gucken will, ob der Schaum vielleicht doch schwarz ist (nein!), bekomme ich ein Tröpfchen in die Augen. Es brennt extrem! Hinterher lese ich auf der Verpackung, dass man die Augenpartie aussparen soll… Überraschend: Ich habe kein Peeling bemerkt, die Haut fühlt sich trotzdem hinterher weicher an. Das Seifenstück wiegt 75 Gramm. Ich werde vermutlich mit ihm in Rente gehen.
Tag 5
Seife, keine Seife und eine überraschende Erkenntnis zu Keimschleudern
Keine Seife. Um es kurz zu machen und ohne Chemiestudium: Der Unterschied zwischen Seife und „keiner Seife“ liegt im Herstellungsprozess, der den pH-Wert und damit die Wirkung auf die Haut bestimmt. Richtige Seifen sind alkalisch, haben einen pH-Wert von 8 bis 11. Unsere Haut hat einen leicht sauren Schutzmantel mit einem pH-Wert von etwa 5. Beim Waschen mit Seife werden daher auch die „guten“ Bakterien auf der Haut abgetötet, der Schutzmantel wird durchlässig für Chemikalien und Allergene. Hautverträglicher sind deshalb sogenannte synthetische Detergentien (Syndets) mit einem niedrigeren pH-Wert. Sie werden dann als pH-neutral, seifenfrei oder „pH 5,5“ gekennzeichnet und heißen eher „Duschpflege“ oder „MagicBar“.
Keine-Seife-Superstar. Beim Einkaufen sind mir die Produkte von Foamie aufgefallen. Sie haben Designer-Formen und stylische Bänder, es gibt die komplette Produktpalette. Die Firma hat seit 2019 mehr als 3,7 Millionen Foamies verkauft. Auf der Webseite heißt es: „Da mit jedem Produkt bis zu zwei Plastikflaschen herkömmlicher Produkte ersetzt werden können, wurden schon 6,9 Millionen Plastikflaschen eingespart. Das sind ca. 2,1 Tonnen Plastikmüll.“
Seifen-Chaos. Ich frage mich, wie man ohne Etiketten all die verschiedenen Produkte auseinanderhalten soll. Auf meinem zur Seifenablage umfunktionierten Kerzentablett liegen schon sieben Seifenstücke: 3mal Duschseife, 2mal Shampoo, 1mal Rasierschaum, 1mal Gesichtspflege. Handwaschseifen haben eigene Teller bekommen und die Spülseife „wohnt“ erstmal in einem Terracotta-Schälchen mit Engeln – Spülromantik.
Seifen-Problem. Die Seife im Bad, die auch Gäste benutzen, sieht schon nach zwei Tagen ziemlich mitgenommen aus: an einer Kante dauernass und aufgeweicht, außerdem fleckig. Sie pappt auf dem Teller fest. Ich muss Profi-Seifenablagen besorgen, die ein Seifenstück sauber präsentieren und wenig Reinigungsaufwand erzeugen.
Seifen-Überraschung. Zu Besuch bei den Nachbarn (fast 80). Zum Händewaschen liegt ein Stück Seife bereit. Sie haben einfach nie auf Flüssigseife „umgerüstet“ und sind jetzt topmodern…
Seifen-Wissenschaft. Sind Seifenstücke wahre Keimschleudern? Immerhin fasst Jeder sie mit schmutzigen Händen an und im feuchtwarmen Milieu fühlen sich Bakterien wohl. Nach Informationen des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene (BZH) in Freiburg können Bakterien und Viren aber im alkalischen Seifen-Milieu nicht lange überleben. Überraschend: In Flüssigseife tummeln sich sogar mehr Bakterien, die sich auf dem Pumpmechanismus der Flasche ansammeln können.
Tag 6
Der erste Wohnungsputz mit Brausetabletten
Wohnung putzen. Heute stelle ich Reinigungsmittel her. Das Starterset enthält eine Plastikflasche mit Pumpzerstäuber und eine Mini-Brausetablette für Allzweckreiniger. Es ist simpel: Flasche mit Leitungswasser füllen, grüne Tablette reinwerfen und warten. Es dauert viel länger als bei Vitamin-Brausetabletten, nach 15 Minuten hat sich mein Leitungswasser in eine ganze Flasche grünen Allzweckreiniger verwandelt. Ich sprühe mit der Schaumdüse das Waschbecken ein – funktioniert.
Im Drogeriemarkt gab es mehrere Systeme, man konnte auch Glasreiniger oder Geschirrspülmittel aus Brausetabletten zaubern. Leider hab ich kein Produkt entdeckt, das flüssige Handwaschseife zaubert. Im Gästebad würde mir das besser gefallen als die „abgerockte“ Seife.
Körper-Peeling. Die Peeling-Keineseife von Foamie enthält null Plastik, dafür Massagenoppen an der Unterseite. Funktioniert wieder wunderbar.
Haarpflege. Ich wasche meine Haare erneut mit dem Repair-Shampoo und benutze anschließend die Feste Spülung von Nature Box. Nach einigen Tagen Übung bin ich schon Feste-Seife-Profi. Ein weiteres rundes Seifenstück gesellt sich zu meinem „Dusch-Memory“ aufs Kerzentablett.
Eincremen. Ich teste zuerst die feste Körperbutter. Zwischen den warmen Händen wird das Cremestück etwas weicher. Ich fahre damit über Arme und Dekolleté. Die Füße behandle ich mit der Festen Fußpflege. Die Dosierung ist schwierig, insgesamt landet relativ wenig Creme auf der Haut, was natürlich beabsichtigt ist. Die Körperbutter fühlt sich auch Stunden später noch sehr klebrig auf der Haut an.
Tag 7
Das erste Fazit: Plastikflaschen haben bei uns ausgedient
Duschen 4. Bei der Duschseife von Outdoor Freakz ist gleich ein Seifensäckchen dabei. Sowas hatte früher schon meine Oma. Das Duschen mit Peelingeffekt macht Spaß. Später kann ich Seifenreste in dem Beutelchen sammeln und komplett wegduschen.
Verbrauch. Ich wiege alle Produkte erneut. Bei Shampoo und Duschpflege fehlt durchgehend genau 1 Gramm nach einmaliger Benutzung. Das Fußcreme-Ei und der Rasierschaum wiegen je 2 Gramm weniger. Super ergiebig: Auch die beiden Seifenstücke in Bad und Küche und die Spülseife haben trotz häufiger Benutzung nur je 2-3 Gramm verloren.
Nachhaltigkeit. Es ist (wie so oft) kompliziert. Die Tenside für feste Keine-Seifen können im schlechtesten Fall aus Erdöl oder Palmöl gewonnen werden, auch Kokosöl gilt nicht in jedem Fall als nachhaltig.
Gesundheit. Auch für die Haut können einige synthetische Inhaltsstoffe zum Problem werden. Faustregel: Laut Utopia enden Tenside, die meist für Umwelt und Haut problematisch sind, beispielsweise mit -sulfat.
Seifenwende. Ich werde beim Duschen, bei Gesichtspflege und Peeling definitiv keine Flüssigprodukte nachkaufen. Auch der Haushaltsreiniger, der Rasierschaum und die Fußcreme haben mich überzeugt. Beim Geschirrspülen, Händewaschen und Zähneputzen benutzen wir erstmal beide Systeme weiter.
Bilanz. Nach einer statistischen Erhebung verbraucht jeder Mensch in Deutschland pro Jahr elf Flaschen Duschgel, zehn Shampoos und vier Flaschen Flüssigseife. Rechnet man diese Zahlen hoch, fallen in ganz Deutschland 40 Millionen leere Plastikflaschen im Bad an – und das Woche für Woche! Wenn unsere Familie (drei Personen) auf feste Produkte umrüstet, könnten wir jedes Jahr mindestens 75 Plastikflaschen einsparen – und hätten dafür weniger als ein Kilo Verpackungsmüll aus Papier. Bitte nachmachen – für unsere Kinder.