„Klimaneutral“? Umwelthilfe geht gegen falsche Siegel vor

„Klimaneutral“? Umwelthilfe geht gegen falsche Siegel vor 1920 768 flustix

Verbrauchertäuschung mit Greenwashing

Das Label „klimaneutral“ gehört aktuell zu den häufigsten Verkaufsargumenten für eine ganze Reihe von Produkten des täglichen Lebens. Vor allem auf Kosmetik-, Hygiene- und Waschartikeln finden sich zahlreiche Selfmade-Siegel, die nicht halten was sie versprechen. Damit könnte nun Schluss sein: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat Handelsketten, Hersteller, Ölkonzerne sowie eine Fluglinie abgemahnt und aufgefordert, solche grünen Versprechungen zu unterlassen.

Werbeversprechen sind oft Verbrauchertäuschung 

„Das Werbeversprechen der Klimaneutralität ist vielfach Verbrauchertäuschung“, kritisiert DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Vielmehr geht es hier um einen „CO2-Ablasshandel, mit dem sich Unternehmen grün waschen“. Verbraucher:innen würden mehr Geld für angeblich klimaneutrale Produkte zahlen, das Klima werde damit aber nicht geschützt. DUH-Rechtsanwalt Remo Klinger: „Wer mit Umwelt- und Klimaschutz wirbt, muss dies auch belegen. Wer Verbraucherinnen und Verbraucher aber im Unklaren darüber lässt, wie vermeintliche Klimaneutralität zustande kommt, täuscht sie.“

flustix unterstützt das Vorgehen 

Malte Biss, Gründer und Geschäftsführer von flustix, positioniert sich klar gegen jede Form von Greenwashing: „Dieser Ablasshandel ist nicht nur irreführend, sondern auch klimafeindlich. Wer beispielweise auf einem anderen Kontinent einen Baum pflanzt, soll dadurch hier ungebremst seine Emissionen steigern können – das hat mit echtem Klimaschutz nicht viel zu tun. Als Unternehmen, das Nachhaltigkeits-Siegel nach einem unabhängigen und international anerkannten Lizenzierungsverfahren vergibt, begrüßen wir von flustix die kritische Nachfrage der Deutschen Umwelthilfe. Denn die Verbraucher:innen brauchen Klarheit von unabhängiger Stelle anstelle nicht nachvollziehbarer Werbeaussagen, am Produkt wie auch auf jeglichen anderen Werbeplattformen.“

Im Visier der DUH stehen aktuell Nivea-Hersteller Beiersdorf, die Drogerieketten dm und Rossmann, die Fluggesellschaft Green Airlines, die CO2-App The Mother Nature sowie die Ölkonzerne Shell, BP und Total. Laut Deutscher Umwelthilfe würden diese Unternehmen Produkte und Dienstleistungen als „klimaneutral“ oder „klimapositiv“ bewerben, ohne zu belegen, wie die Einsparungen zustande kämen. Vielmehr verweisen sie auf Kompensationsprojekte, deren Wirkung nicht nachvollziehbar sind.

Rewe wirbt mit klimaneutralem Fleisch 

Bereits im vergangenen Jahr machte eine besonders dreiste Form des Greenwashings Schlagzeilen, als Rewe „klimaneutral hergestelltes Geflügelfleisch“ in seinen Märkten anbot. Tatsächlich handelte es sich um von Wiesenhof produzierte Handelsware, für die eine Kompensationszahlung getätigt wurde – zugunsten eines Waldschutz-Projektes in Peru. Die Organisation Foodwatch untersuchte den Fall. Ergebnis: Die Entwaldung der in Peru unterstützten Region hatte nicht wie versprochen ab- sondern sogar zugenommen. Inzwischen haben Wiesenhof und Rewe das „klimaneutrale“ Hähnchen wieder aus dem Programm genommen.

Die Deutsche Umwelthilfe hält das gesamte CO2-Kompensationsmodell für „absurd“. Rechtsanwalt Remo Klinger belegt das mit einem Beispiel: „Statt mühsam und teuer die Emissionen Deutschlands tatsächlich zu senken, müsste der Bundesfinanzminister lediglich 19 Milliarden Euro im Jahr zahlen, damit Deutschland laut dieses Ablasshandels auf dem Papier ab sofort klimaneutral ist. Das ist weniger als die Hälfte des Jahresgewinns von BMW, Daimler und VW in 2021. Und praktisch würde Deutschland die Klimakrise ungebremst anheizen.“

Fake-Siegel versprechen Mikroplastikfreiheit 

Nicht nur mit Emissionshandel werde Greenwashing betrieben, so flustix-Chef Malte Biss, „auch beim Thema Mikroplastik gibt es eine ganze Reihe von sogenannten Siegeln und Werbeversprechen, die ohne jegliche Nachweisführung genutzt werden. So soll bei denen lediglich die Rezeptur des Produktes frei von Mikroplastik sein.“ Das gelte für zahlreiche Kosmetik-, Hygiene-, Reinigungs- und Waschprodukte. Biss: „Das flustix-Siegel bietet hier als einziges in der EU vielfach anerkanntes und unabhängig lizenziertes Siegel Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Fast die Hälfte der Angaben irreführend 

Wie weit verbreitet die ökologische Schönfärberei ist, zeigt eine umfassende Analyse der Online-Auftritte von Unternehmen, die mit ökologischen Angaben werben durch die Europäischen Kommission. Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • 59 Prozent der Unternehmen erbringen keine leicht zugänglichen Belege für ihre Behauptungen.
  • In 37 Prozent der Fälle wurden sehr vage Begriffe verwendet, u.a. “bewusst”, “umweltfreundlich”, “nachhaltig”.

In ihrer Gesamtbewertung geht die Kommission davon aus, dass in 42 Prozent der überprüften Fälle möglicherweise “falsche oder irreführende Behauptungen” aufgestellt wurden. Für diese Unternehmen, die es bei den Angaben zum ökologischen Impact eines Produktes nicht so genau nehmen, brechen schwere Zeiten an. Die EU arbeitet an einer neuen Green-Claim-Verordnung. Vorbild dafür ist die Health-Claim-Verordnung aus dem Jahre 2006, die gesundheits- und nährwertbezogene Angaben auf Nahrungsmitteln reguliert.