Innovationen, empfohlen von den flustix-Expert:innen
Die Recyclingquote ist hoch, fast so, als gebe es Pfand dafür: Papier und Pappe zu sammeln und im Altpapier-Container zu entsorgen, das können wir. Bis zu 98 Prozent des im Umlauf befindlichen Papiers werden wieder verwertet. Ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft? Nicht ganz. Auch Papier-Recycling verbraucht Energien, Rezyklate werden mit frischen Fasern gepimpt. Hier setzt ein neues Start-up an. Noch bevor nicht mehr benötigte Pappe im Recycling-Container landet, greift not-wasted zu. Was dann passiert, verrät Firmen-Gründer und Abfallwissenschaftler Dr. Christian Baron.
Die Idee des Start-ups ist einfach – und trotzdem genial. not-wasted schnappt sich Pappe, Papier und Kartons, bevor das wertvolle Material im Recycling-Container landet. Denn jeder Karton, der ins Altpapier geschmissen wird, muss auch recycelt werden – egal in welchem Zustand er sich befindet. Mit viel Wasser wird das Material aufgelöst und zu einem Faserbrei verarbeitet, aus dem dann z.B. recyceltes Papier entsteht. Farben und Verschmutzungen müssen mit Hilfe von Chemikalien entfernt werden. Das kostet Energie.
not-wasted rettet Pappe vorm Abfall-Container
Hier kommt das Start-Up not-wasted um die Ecke. „Wir brechen aus dem Kreislauf aus”, sagt Dr. Christian Baron, einer der beiden Gründer von not-wasted. Im Visier der „Pappenheimer“, wie sie sich selbst nennen: Berge aus Papier, Pappe und Kartons, die von Unternehmen gelagert, aber nicht mehr genutzt werden, weil sie aufgrund von Aufdrucken alt und nicht mehr verwendbar sind. Baron: „Wir glauben, dass auch diese Erzeugnisse eine zweite Chance verdient haben.“ Neben veralteten Aufdrucken können das auch Kartons sein, die während der Lagerung verschmutzt wurden. Diese werden ohne großen Energieaufwand von not-wasted veredelt.
Start-up veredelt Kartons mit Stanze und Laser
Wie machen die das? Zwei Werkzeuge sind wichtig: Stanze und Laser. Daraus produzieren sie Produkte, die sich aus Pappe und Papier herstellen lassen, ohne die Grundstruktur des Materials zu verändern. Eine typische not-wasted-Innovation: Visitenkarten aus bedruckten Kartons. Dafür wird das Material in Rechtecke gestanzt, die Daten werden mit dem Laser graviert. Es wird weder Farbe noch Kleber hinzugefügt. Eventuell sichtbare Logos oder Schriften aus der Vornutzung bleiben als Designelement erhalten. Ebenfalls im Sortiment: Steckmodelle, ähnlich wie Puzzlespiele. „Auch hier kommen wir ohne Kleber und Farbe aus“, betont Christian Baron.
Recycling-Doktor und Designer als Pappenheimer
Wer steckt hinter not-wasted? Ein Duo, das sich selbst die „Pappenheimer“ nennt: Christian Baron, promovierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Materialwissenschaft, und Daniel Birkicht, Industrial- and User-Experience-Designer. Die beiden ergänzen sich perfekt, ihre Kernkompetenzen machen die Stärken des Start-Ups aus. Das Unternehmen gründeten sie in Rekord-Geschwindigkeit. Christian: „Wir haben uns erst vor zwei Monaten kennengelernt.“ Wenige Wochen später launchten sie ihr Start-up.
not-wasted hat Großkonzerne im Visier
Kunden? „Wir denken regional“, sagt Christian Baron. not-wasted sitzt nicht im Start-Up-Mekka Berlin-Kreuzberg, sondern im beschaulichen Aalen in der Schwäbischen Alb: „Die Region ist geprägt von der Papier- und Holzindustrie und wenige Kilometer weiter sitzen riesige Weltkonzerne.“ In den Lagern dieser Unternehmen wittert not-wasted riesige Schätze an Material, was nicht mehr verwendet wird.
Zero Waste: not-wasted produziert ohne Abfall
Zero Waste ist bei not-wasted die Messlatte. „Wir verwenden alles, was das Material hergibt und produzieren, ohne dass Abfall entsteht“, versichert Christian Baron. Wenn doch etwas übrig bleibt, gibt es auch dafür Verwendung: Füllmaterial. Auch das bekommt eine eigene not-wasted-Handschrift: „Wir können es in Form von Herzen, Sternchen oder als Hexagon anbieten.“ Ganz am Ende, so Abfallwissenschaftler Baron, könne man dieses sogar auch noch als Konfetti nutzen. Ein schönes Ende, oder?