Nachhaltig leben kann teuer werden. Das gilt auch für den bevorstehenden Schulstart. Zugegeben, wenn es darum geht, einen aus recycelten PET-Flaschen hergestellten Ranzen zu kaufen, muss man angesichts der deftigen Preise ganz schön schlucken. Doch nicht alle nachhaltigen Schulsachen sind teuer. Die flustix-Redaktion hat sich durch Kataloge und Sortimente gewühlt.
Trinkflaschen aus Edelstahl oder Tritan
Die Trinkflasche muss leicht und robust sein, der Verschluss darf nicht tropfen. Größen zwischen 0,3 und einem Liter. Verlockend: Der Handelskonzern Kaufland bietet in seinem aktuellen Prospekt eine Trinkflasche mit den Motiven aus der beliebten Kinderserie “Paw Patrol” für nur 2,99 Euro an – „ca. 500ml, mit Edelstahl-Deckel“. Die Flasche an sich besteht aus transparentem Kunststoff. Kein Hinweis, ob das Material BPA-frei ist. BPA ist die Abkürzung für Bisphenol A. Die Chemikalie ist in vielen Kunststoffen enthalten, kann sich lösen und gelangt so in den Körper. BPA steht im Verdacht, auf das Hormonsystem zu wirken.
Besser: Trinkflaschen aus Edelmetall oder Tritan (hochwertiger und BPA-freier Kunststoff, zudem spülmaschinenfest). Glas mit Textilüberzug als Schutz ist schwerer, eignet sich eher für ältere Kinder. Nein, mit dem Kaufland-Preis hält keine dieser Lösungen mit. Preise für hochwertige Trinkflaschen beginnen ab zehn Euro (von Nalgene aus Tritan), kindertaugliche Edelstahlmodelle kosten ab ca. 20 Euro. Bei Kunststoff-Verschlüssen auf BPA-frei-Hinweis achten. Mehrpreis bei Plastikverzicht: sieben Euro.
Auch auf Billig-Brotdosen lockt die Paw Patrol
Gleiches Spiel mit den Dosen fürs Pausenbrot. Auch hier bietet Kaufland für 2,99 Euro eine Lösung mit Paw-Patrol-Themes an. Material? Natürlich Kunststoff unbekannter Herkunft. Keine Hinweise auf Schadstofffreiheit.
Besser: Wie bei den Trinkflaschen eignet sich auch hier Edelstahl als Material, da es leicht zu transportieren und zu reinigen ist. Auch einige hochwertige Kunststoff-Produkte taugen als Alternative. Dabei fällt auf: Produkte, die als BPA-frei ausgezeichnet sind, kosten auch deutlich mehr als die Billigvariante aus dem Supermarkt. Preis für die klassische Tupperware-Dose: rund 15 Euro. Edelstahlmodelle je nach Größe und Qualität ab zehn Euro. Preisunterschied zur Plastik-Version: plus sieben Euro.
Schnellhefter aus Billigplastik im Textil-Discounter
An den Anblick von billig anmutenden Ramschheftern mit geringer Halbwertszeit in Schulranzen haben wir uns seit den 1970er Jahren gewöhnt. Keine gute Idee: Die Dinger sind selbstverständlich nicht nachhaltig hergestellt, halten meist nur bis zur nächsten großen Pause. Der Textil-Discounter KIK bietet in seinem aktuellen Katalog fünf Hefter aus Plastik für 1,49 Euro an. Die Handelskette Marktkauf toppt das Angebot mit gleich zehn Heftern für 99 Cent. Fazit: produziert, transportiert und gekauft um schnell weggeworfen zu werfen
Wer etwas gegen den Plastikirrsinn im Schulranzen tun möchte, muss dafür leider deutlich tiefer in die Tasche greifen. Schnellhefter aus recyceltem Papier kosten meist um einen Euro das Stück, Großhändler Amazon bietet Zehnerpacks für sechs Euro an – mit Hinweis auf recyceltes Material (ohne unabhängiges Siegel). Preisunterschied für zehn Hefter: fünf Euro.
Umweltfeindliche Schutzhüllen werden für wenige Cent verschleudert
Warum sind diese Dinger eigentlich aus Plastik? Die Umschläge sollen die Hefte vor Schmutz und Eselsohren schützen. Aber vor Feuchtigkeit? Vielleicht oberflächlich vor einigen Spritzern. Doch wenn etwas ausläuft, hilft auch die Kunststoffhülle nichts. Überzeugend sind nur die Preise: MacGeiz bietet Hefthüllen für 15 Cent pro Stück an. Alternativen? Festes Recycling-Papier. Preise für hochwertigere Ausführungen liegen bei rund fünf Euro für zehn Stück. Außerdem finden sich im Netz zahlreiche Anleitungen für selbstgemachte Umschläge aus Altpapier und Stoffen ausrangierter Kleidung.
Malte Biss, flustix-Gründer, empfiehlt unbedingt die Nutzung von Umschlägen aus Recycling-Papier. Biss: „Die Plastikhefter und -hüllen sind besonders umweltschädlich. Sie sind meist aus billigem Kunststoff in Asien hergestellt, halten nicht lang und landen nach kürzester Zeit im Müll.“ Besonders kurios: „Die Hüllen an sich gelten nicht als Verpackung, dürfen deshalb offiziell auch gar nicht in den Gelben Sack. Sind aber zehn Hüllen davon in einer Plastikhülle verpackt, darf die Hülle der Hüllen in die Recyclingtonne.“ Absurd. Bei hochwertigen Schutzhüllen empfehlen wir tatsächlich auch mal den “intelligenten Fehlwurf” in die gelbe Tonne.
Ach ja, der Preisunterschied: zehn Hefthüllen aus Recyclingpapier sind ca. 3,50 Euro teurer als das Billig-Angebot von MacGeiz. Wer gern bastelt, kann aber auch aus Altpapier eigene Hüllen anfertigen. Das bringt Spaß und ist kostenlos.
Auch bei Linealen schnappt die Plastikfalle zu
Bei Kids beliebt, aber alles andere als nachhaltig: bunte Snap-Lineale, die sich einrollen lassen, auf- und zuschnappen. Klar, die Teile sind aus flexiblem Kunststoff und stecken mutmaßlich voller Weichmacher. Der Discounter MacGeiz bietet Snap-Lineale aktuell für 3,99 Euro an (kein Hinweis auf Herkunft des Materials). Besser: klassisches Holzlineal. Schnappt zwar nicht zu, hält dafür aber ewig. Auf FSC-Zertifizierung achten. Preis: ab drei Euro (15-cm-Ausführung). Preisunterschied: ein Euro – zugunsten der nachhaltigen Lösung.
Beim Geodreieck geht’s nicht ohne Kunststoff
Spätestens nach der Grundschule gehört der Winkelmesser zur Standardausstattung. Die farbig hinterlegten Winkelgrade auf dem transparenten Material sind maßgeblich für die Funktion des Geräts. Das Original des Geodreieck-Erfinders Aristo ist aus Plexiglas. Das klingt plastikfrei, ist es aber nicht: Plexiglas ist ursprünglich ein Markenname für Kunststoffe aus Polymethylmethacrylat. Startpreis ab 80 Cent. Hochwertige Modelle kosten um die sieben Euro.
Radierer: Nachhaltige Alternativen günstiger als Motivgummis unbekannter Herkunft
Ganz böse Plastikfalle. Vor allem bei Kindern beliebte Motiv-Radiergummis sind oftmals aus minderwertigem Kunststoff hergestellt. Beispiel: MacGeiz preist stapelbare Radierer mit unterschiedlichen Monstermotiven an. Ohne Hinweis auf Herkunft und Gefahrenstoffe. Alternative? Radiergummis aus Naturkautschuk oder Artikel, die als „PVC-frei“ ausgewiesen sind. Ein Klassiker sind die rot-blauen Radierer, die nicht nur besser radieren, sondern auch noch eine Doppelfunktion haben: Mit der roten Seite lässt sich Bleistift, mit der bunten Seite Tinte entfernen. Das spart den Tintenkiller. Der trägt seinen Namen nicht umsonst: Viele dieser beliebten Korrekturstift-Modelle enthalten als Lösungsmittel Formaldehyd, das als krebserregend gilt.
Kosten? Motivradierer von MacGeiz kosten 1,50 Euro. Den rot-blauen Klassiker gibt’s von FaberCastell („latexfree“) bereits für 63 Cent.
Stifte ohne Gifte sollten selbstverständlich sein
Wenn Kinder malen, dann bleibt die Farbe nicht nur auf dem Papier. Umso wichtiger, dass in der Schultasche keine Stifte landen, die Giftstoffe enthalten. Eine Untersuchung der Stiftung Warentest und von Ökotest brachte jedoch erschreckende Ergebnisse: rund ein Drittel der untersuchten Tinten, Fasermaler und Buntstifte enthielt gesundheitsgefährdende Stoffe. Während bei anderen Artikeln der höhere Preis auch gleichbedeutend mit steigender Qualität und mehr Nachhaltigkeit ist, gilt dieses hier nicht unbedingt: Zu den mit mangelhaft ausgezeichneten Schreibgeräten gehören auch Produkte von Lamy. Was tun? Auf jeden Fall auf die Siegel achten: DIN EN 71 verbietet bei Spielzeugen und Buntstiften Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Quecksilber. Bei Holzstiften zudem auf das FSC-Siegel achten.
Schulranzen: Hier kostet Nachhaltigkeit richtig viel Geld
Die schwierigste Entscheidung – denn beim Ranzen geht es nicht allein um Nachhaltigkeit, sondern auch um den Tragekomfort, Ergonomie und natürlich Sicherheitsaspekte wie Reflektor-Eigenschaften. Lidl bietet für 49 Euro gleich ein komplettes Schulranzen-Set an, bestehend aus Ranzen, Sportbeutel, Schüleretui und Federmäppchen. Produzent ist der Markenhersteller Herlitz. Nachhaltige Alternativen, die auch noch alle anderen Anforderungen erfüllen, können ordentlich ins Geld gehen. Das Nachhaltigkeits-Portal Utopia.de empfiehlt zum Schulstart beispielsweise Ranzen, die aus 100 Prozent recycelten PET-Flaschen hergestellt werden. Startpreis: Nicht unter 200 Euro. Auch hier gilt: Kritisch sein, was Herstellerangaben angeht. Wir erinnern uns an den Fall des erfolgreichen Start-ups Got Bag, das mit Taschen aus recyceltem Meeresplastik geworben hatte.