Um die Klimakatastrophe auszubremsen brauchen wir mehr Ökostrom, da gibt es keine zwei Meinungen. Windkraft spielt eine bedeutende Rolle. Photovoltaik wird immer effektiver und wichtiger, vor allem in privaten Haushalten lassen sich damit deutliche Einsparungen erzielen. Aber was ist eigentlich mit kinetischer Energie, also mit Bewegungsenergie? Wenn wir beim Radfahren Strom für die Lichtanlage erzeugen, können wir das nicht auch beim Spinning im Fitness-Center? Wir haben recherchiert – und waren vom Ergebnis selbst überrascht.
Unternehmen versprechen Stromerzeugung auf Heimtrainer
Tatsächlich gibt es einige findige Unternehmen, die entsprechende Geräte anbieten. Vor allem Ergometer taugen zur Energiegewinnung, aber auch Crosstrainer werden mit integriertem Stromgenerator angeboten. Die Preise für derartige Geräte sind beachtlich: Je nach Ausführung kostet ein Crosstrainer mit Stromerzeugungsfunktion zwischen 50 und 100 Prozent mehr als ein vergleichbares Modell ohne Generator. Kein Problem, wenn wir entsprechend viel Strom damit produzieren, holen wir das Geld schnell wieder rein, oder?
So lange musst du strampeln, um deinen Haushalt zu versorgen
Das Newsportal Focus Online hat ausgerechnet, wie lange man auf einem guten Heimtrainer Sport machen muss, um den täglichen Strombedarf eines Haushalts in einem Einfamilienhaus zu decken. Ergebnis: 27,4 Stunden. Weil der Tag aber nur 24 Stunden hat, müssten also zwei Personen ran, jeweils knapp 14 Stunden am Tag. Schafft man nicht? Richtig. Das liegt an der mageren Ausbeute der durch Muskelkraft erzeugten Energie. 150 Watt pro Stunde, damit kommt man nicht weit. So lohnt es sich, vorm Kauf eines solchen Heimtrainers das Kleingedruckte zu beachten. In der Regel reicht der erzeugte Strom maximal für den Betrieb des Geräts. Übrig bleibt da nichts.
Fitness-Studiokette in England setzt auf kinetische Energie
Da lassen Meldungen aus London aufhorchen, wo die Fitnesskette Terra Hale mit nachhaltiger Stromerzeugung bei Spinningkursen wirbt. Was spannend klingt, ist bei näherem Hinsehen ernüchternd: Denn auch in diesen Studios reicht der erzeugte Strom längst nicht für den Betrieb der Einrichtung, sondern wird unterstützend für die Beleuchtung eingesetzt. Wir fühlen uns an den klassischen Fahrrad-Dynamo erinnert.
Enormer Energieverbrauch für Geräte, Klimaanlagen und Duschen
Nüchtern betrachtet wird auch schnell klar, warum Fitness-Studios keine Kraftwerke, sondern Energiefresser sind. Die meisten Geräte benötigen Strom. Einfach mal an ein Laufband denken – oder an die unterschiedlichen Widerstandsstufen in einem Crosstrainer. Außerdem: Jedes Studio muss gut ausgeleuchtet sein. Ohne Klimaanlage geht es nicht, hinzu kommt Heißwasser für die Duschen, eventuell noch Energie für den Betrieb von Sauna-Landschaften. Nein, das klingt nicht nach einem Hotspot für Nachhaltigkeit.
Ein Studio in München macht vor, wie es dennoch geht
Wie ein nachhaltiges Fitness-Studio aussieht, das zeigt uns die Münchnerin Britta Degenkolbe. Sie hat mit dem The Good Gym in München ein Studio für Frauen eröffnet, das alles anders macht als die bekannten Ketten. Hier gibt es keine blinkenden Anzeigentafeln, keine Hightech-Geräte: Rudergerät und Speedbikes sind aus Holz und werden ohne Strom betrieben. Laufbänder gibt es gar nicht: Wenn Joggen auf dem Programm steht, geht es raus an die frische Luft.
Übrigens: Die Betreiberin organisiert auch Tauschbörsen für Sportkleidung, damit diese möglichst lange genutzt werden kann. Das ist deutlich nachhaltiger als das, was Sportartikelhersteller Adidas sich mit dem aktuellen Deutschland-Trikot geleistet hat: Es geht um Greenwashing, Mikroplastik und Kinderarbeit – hier steht die ganze Geschichte.