Welche Verpackung ist wirklich Umwelt-Sieger?

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Nachhaltigkeits-Duell im Supermarkt

Glas, Pappe, Dose oder Bio-Plastik – was macht denn nun eine nachhaltige Verpackung aus? Viele Kund:innen haben längst den Überblick verloren und das Handtuch geworfen. Wir erklären, welche Verpackungen wirklich nachhaltig sind, wie man Mogelpackungen enttarnt – und welche kreativen Ideen Hersteller haben, um die Verpackungstrends der Zukunft zu verwirklichen.

Gummibärchen gibt’s schon in Pfandgläsern, Nudeln in Papiertüten und viele Joghurtfans haben längst gelernt, ihren Becher nach der Benutzung nackt auszuziehen und die Pappummantelung zu entfernen. Handel und Industrie bringen immer modernere, nachhaltigere Verpackungslösungen auf den Markt. Aber welches Material ist eigentlich am umweltfreundlichsten?

Wie nachhaltig eine Verpackung wirklich ist, lässt sich meist nicht eindeutig definieren. Einzige Grundregel: Eine Verpackung muss ressourcenschonend sein – beim Einsatz von Materialien und beim Einsatz von Energie. Vor allem aber muss sie zweckmäßig sein und das eigentliche Produkt schützen. Denn laut einer Untersuchung ist der ökologische Fußabdruck des Produkts 16 bis 30-mal höher als das der Verpackung! Führt nämlich die supernachhaltige Verpackung dazu, dass das Produkt oder Teile davon unbrauchbar werden, ist alles umsonst.

Der ökologische Fußabdruck einer Verpackung setzt sich aus vier Hauptkriterien zusammen:

  1. Produktion: Dazu gehören zum Beispiel Rohstoffe, Verpackungsdesign und die Herstellung der Verpackung. 
  2. Transport: Hier fließen Rohstofflieferungen zur Fabrik, von der Fabrik zum Lager und vom Lager zum Geschäft oder Endkunden ein.
  3. Nutzungsdauer: Manche Verpackungen können wiederverwendet werden, andere recycelt, wieder andere sind nach einmaliger Nutzung Müll.
  4. Recycling oder Entsorgung: Hier werden Kosten und Energieaufwand für die die Verarbeitung von Verpackungsabfällen berücksichtigt.

Verpackt oder unverpackt?

Der Anfang ist einfach. Hier gewinnt natürlich ganz klar Team „unverpackt“. Gerade Obst (Äpfel, Birnen), Gemüse (Fenchel, Paprika) oder Nüsse kann man oft schon einzeln kaufen. Als „unverpackt“ zählt auch, wenn man ein Gemüsenetz benutzt oder die Plastiktüte vom letzten Einkauf wieder mitnimmt und nochmal benutzt.

Tipp 1: Ruhig mal eine Tupperdose zum Einkauf an der Fleischtheke mitnehmen und die neuen Unverpackt-Stationen in den Supermärkten ausprobieren.

Tipp 2: Lieber frische Produkte anstelle von Konserven einsetzen, zum Beispiel bei Pizza-Tomaten oder Obstsaft. Das spart ebenfalls Verpackungen.

Papiertüte oder Plastiktüte?

Überraschend, aber wahr: Bei Einwegverpackungen für Obst und Gemüse und bei Einwegtragetaschen ist eine Plastiktüte nachhaltiger als eine Papiertüte. Grund: Die Plastikvariante hat ein deutlich geringeres Gewicht als das Papiermodell. Acht kleine Plastikbeutel wiegen so viel wie eine Papiertüte. Die Umweltlasten der Papiertüte sind deshalb 1,5-mal höher als beim Plastikbeutel.

Tipp: Die Beutel am besten mehrfach benutzen.

Dose oder Schraubglas?

Bei Konserven sind beide Systeme nicht gerade nachhaltig. Obwohl Einweggläser mit Schraubdeckel ein gutes Image haben, ist ihre Umweltbilanz noch schlechter als die von Weißblechdosen! Gründe: der enorme Energiebedarf bei Herstellung und Recycling sowie die hohen Schadstoffemissionen beim Transport aufgrund des hohen Gewichts.

Tipp: Solche Konserven möglichst vermeiden. Die mit Abstand beste Ökobilanz haben Konserven in Schlauchbeuteln.

Einwegglas oder Plastikbecher?

An der Milchproduktetheke ist die Auswahl an Verpackungsmaterialien besonders groß. Überraschend: Hinsichtlich der Nachhaltigkeit ist Einwegglas die absolute Katastrophe und der Verlierer beim Vergleich der Materialien. Mehrweg-Gläser, am besten von regionalen Anbietern, und Plastikbecher mit der Pappummantelung sind für Joghurt, Sahne und Co. am umweltfreundlichsten. Vorsicht: Bei Pfandgläsern überregionaler Anbieter ist die Ökobilanz auch nicht besser als die eines normalen Plastikbechers.

Tipp: Nicht vergessen, Becher vor der Entsorgung immer „auseinanderzubauen“ (Plastikbecher, Deckel, Pappummantelung) und getrennt entsorgen.

Flasche oder Dose?

Dosen sind zwar superleicht, sehen aber hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit echt alt aus und verlieren gegen alle anderen Materialien. Die Gründe: Für die Produktion ist viel Energie notwendig. Außerdem gibt es nur wenige Abfüllanlagen in Deutschland, so dass die Dosen lange Transportwege absolvieren müssen. 

Die Rohstoffe stammen aus Südamerika, Asien oder Australien – dort führt der Abbau zur Abholzung von Regenwald, giftigen Schlämmen und belasteten Böden. Tipp: Auf Dosen möglichst ganz verzichten.

Tipp: Wenn du Dosen gekauft hast, unbedingt ans Recycling denken. Sie gehören in den Pfandautomaten oder in die Gelbe Tonne.

Pappschale oder Plastikschale?

Bei Obst und Gemüse sind Schalen aus Papier oder Pappe viel besser als die oft verwendeten Plastikschalen. Einer der Gründe: PET-Schalen, die ordnungsgemäß in der Gelben Tonne landen, werden in der Regel gar nicht recycelt, sondern verbrannt.

Tipp 1: Im Zweifel lieber die einfachen Pappschalen nehmen, die ausgeformten Papierguss-Schalen sind aufwändiger in der Herstellung.

Tipp 2: Wenn schon Plastik, dann möglichst eine Schale aus Polypropylen (PP) nehmen. Das Material fühlt sich etwas dünner an als PET und sieht leicht milchig aus.

Bioplastik oder Normalo-Kunststoff?

Verpackungen aus normalen, recyclingfähigen Kunststoffen sind derzeit sogar nachhaltiger als welche aus sogenanntem Bioplastikmaterial. Das Problem: Es existiert bisher kein Recyclingpfad für die neuen Bio-Materialien. Sie werden in Sortieranlagen aussortiert und verbrannt. Auch sogenannte biobasierte Kunststoffe, zum Beispiel aus Cellulose, haben keine bessere Ökobilanz als herkömmliche Kunststoffe.

Tipp: Bitte aufpassen, Biokunststoff gehört nicht in die Biotonne und darf auch nicht einfach in der Natur zurückgelassen werden.

Karton oder Plastiktüte?

Müsli gibt’s in Kartons oder Tüten, TK-Fisch ebenso, Nudeln werden in Pappkartons mit Sichtfenster verkauft. Der ökologische Fußabdruck beider Materialien ist selbst unter Fachleuten umstritten. Die Gründe: Pappe ist oft viel schwerer als eine vergleichbare Kunststoffverpackung, dafür aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, aber oft mit Kunststoff beschichtet. Bei der Papierherstellung wird sehr viel Wasser benötigt, bei Kunststoffen sogar Erdöl.

Forscher untersuchten den kompletten Produktlebenszyklus beider Materialien für Tiefkühlkost, Fertiggerichte und Fast Food. Bei den verglichenen Verpackungen gewann jeweils der Pappkarton. In anderen Studien werden jedoch die Kunststoffe nachhaltiger bewertet, weil sie meist viel leichter sind. Das Nonplusultra beider Materialien, also leichte, recyclingfähige, Papierverpackungen, ist Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.

Tipp 1: Wenn man die Wahl hat, am besten Ware in einer einfachen, dünnen Papiertüte nehmen. Die negativsten Auswirkungen haben Verpackungen, bei denen Plastiktüte und Karton noch kombiniert werden – wie zum Beispiel bei Müsli. Einfach unnötig!

Tipp 2: Im Supermarkt gibt‘s neuerdings schon erste Tiefkühl-Gerichte in Papiertüten. Die Verpackung kann hinterher einfach ins Altpapier – bitte unbedingt Entsorgungstipps auf der Verpackung beachten, denn nicht alle dieser Tüten dürfen ins Altpapier.

Tetrapak oder Flasche?

Getränkekartons sind zwar besonders leicht, bestehen aber aus Papier, Kunststoff und Aluminium. Die Herstellung erfolgt mit hohem Energieaufwand, der Materialmix macht das Recycling schwierig. Die Ökobilanz der Verbundkartons ist unter Experten seit Jahren umstritten. Fakt ist nur: Da es sich um ein Einwegsystem handelt, schneidet es gegenüber Mehrwegsystemen, insbesondere regionalen, schlechter ab. Ein Wissenschaftler hat ausgerechnet: Eine Glasflasche ist dann umweltfreundlicher als ein Getränkekarton, wenn sie weniger als 200 Kilometer transportiert und mindestens 15 Mal benutzt wird.

Tipp: Bei Saft und Milch gezielt nach regionalen Angeboten in Mehrwegflaschen schauen und einige Tetrapaks einsparen.

Einwegflasche oder Mehrwegflasche?

Mehrwegflaschen aus Glas lassen sich bis zu 50-mal wiederbefüllen, ihre „Kollegen“ aus PET bis zu 25-mal. Sie sparen also jede Menge Abfall. Dafür müssen sie stabiler sein als Einwegflaschen, gespült und transportiert werden. Mehrwegflaschen sind klare Umweltsieger, insbesondere bei regionalen Anbietern mit kurzen Transportwegen. 70 Prozent der Einweg-Plastikflaschen in Deutschland werden übrigens aus Neumaterial hergestellt, für das Rohöl eingesetzt wird.

Tipp: Wasser muss man eigentlich gar nicht regelmäßig in Flaschen kaufen. Leitungswasser hat überall in Deutschland Trinkwasserqualität.

Plastikflasche oder Glasflasche?

Wenn es sich um Mehrwegflaschen handelt, ist die Ökobilanz beider Materialien gleichwertig. Glasflaschen haben zwar den Vorteil, dass sie zu 100 Prozent wiederverwertbar sind, für das Einschmelzen von Altglas ist aber ein erheblicher Energieeinsatz erforderlich, außerdem führt das Gewicht von Glasflaschen zu vergleichsweise hohen CO2-Emissionen beim Transport.

Fazit: Wer die Natur schützen möchte, kann sich immer öfter für unverpackte Lebensmittel oder die jeweils nachhaltigere Verpackungslösung entscheiden – und am besten mehrere Duell-Sieger kombinieren. Wissenschaftler:innen forschen ständig an neuen Materialien und Technologien, um Verpackungen noch nachhaltiger zu machen. Das Ziel ist es, so wenig Material wie möglich einzusetzen, ohne die Funktionalität zu gefährden. Das gelingt heute schon durch die Verwendung dünnerer Folie („Downgauging“) oder den Einsatz von leichtgewichtigem Karton.

 

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