Die deutsche Nationalmannschaft verabschiedet sich bereits nach der Vorrunde von der Weltmeisterschaft In Katar – für die Fans ein Ärgernis, für Ausrüster Adidas ein wirtschaftliches Desaster. Die WM ist normalerweise der Booster fürs lukrative Geschäft mit den Deutschlands-Trikots. In diesem Jahr ging jedoch alles schief. Denn bereits vor dem Ausscheiden enthüllte ein Recherche-Team: Das DFB-Trikot sei lange nicht so nachhaltig, wie von Adidas versprochen. Ganz im Gegenteil: Ein Labortest brachte Unglaubliches zutage.
Auslöser für die Aufregung um die Trikots ist ein Investigativ-Report des Recherche-Kollektivs FLIP in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Die ursprünglich 140 Euro teure „Performance-Version“ des Trikots sei nämlich aus „Ozeanplastik“ hergestellt, so zumindest bewirbt es Adidas. Als Kooperationspartner wählte der Sportartikelhersteller auch hier, wie bereits seit vielen Jahren, die bekannte Organisation „Parley for Oceans“. Die soll eigentlich Garant dafür sein, dass das Plastik kontrolliert und zu fairen Bedingungen eingesammelt und weiterverarbeitet wird.
Flip: Andere Herkunftsländer, Kinderarbeit am Anfang der Lieferkette?
Das klingt alles erstmal alles ganz vorbildlich, doch die scheinbar außergewöhnlichen Bemühungen um Nachhaltigkeit entpuppen sich laut FLIP und ZEIT als Greenwashing-Fake. So führt eine Spur des von Adidas verarbeiteten Plastiks auf die Philippinen. Dort, so beschreibt es das Recherche-Team, seien unter „erbärmlichen Umständen“ auch Kinder unterwegs, die gesammelten Müll für wenige Cent an örtliche Händler verkaufen. Von hier gehe das Material weiter an Zulieferer von Adidas, schreibt DIE ZEIT. Lediglich 20 Prozent des Kunststoffs, aus dem das Garn für das Trikot sowie für andere Parley-Plastik-Produkte von Adidas gewonnen wird, stammen aus Regionen, in denen „Parley for Oceans“ aktiv ist. Der Rest stamme aus sogenannten „Volume Countries“. Dazu gehöre neben den Philippinen auch Thailand. Genau dort, so ein Parley-Sprecher, sei die Organisation aktuell aber nicht tätig. Adidas hingegen erklärt: Der Rohstoff für das Nationaltrikot stamme aus Thailand. Schlussfolgerung von FLIP: „Der Anteil von Ozeanplastik, das von Parley kommt (…) läge demnach nicht bei 20 Prozent (…). Sondern sogar bei null Prozent.”
Labor entsetzt nach Mikroplastik-Test: „Beeindruckend schlecht“
Neben der offenbar falsch deklarierten Lieferkette entpuppte sich das Trikot im Labor auch noch als Mikroplastik-Schleuder. An der Universität Hamburg ließ FLIP das schwarzweiße Dress untersuchen – mit einem verheerenden Ergebnis: In fünf Waschgängen verlor das Trikot im Schnitt 68.000 Mikroplastik-Fasern. „Das ist wirklich beeindruckend schlecht“, zitierte die ZEIT die Leiterin der Forschungsgruppe Mikroplastik der Uni, Elke Fischer. „Diese Fasern landen mit dem Abwasser aus unseren Waschmaschinen in den Kläranlagen, die nicht in der Lage sind, das alles herauszufiltern. Damit geht es über die Flüsse direkt in unsere Meere.“ Ein Adidas-Sprecher kommentierte die Vorwürfe so: „Als Teil unserer Nachhaltigkeitsbemühungen arbeiten wir intensiv daran, Mikrofaserabrieb zu vermeiden.“
Adidas: „Bemühen uns, Mikrofaserabrieb zu vermeiden“
Das absurde Ende der Geschichte: Auf der anderen Seite der Welt sammeln Menschen Plastik, das mit viel Aufwand zu Garn und weiter zu teuren Trikots verarbeitet wird. Beim Waschen gelangt der Kunststoff dann in Form von Mikroplastik hierzulande wieder in die Umwelt. Diesmal aber kann das niemand mehr einsammeln. Denn dafür ist Mikroplastik zu klein.
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