Viele Verbraucherinnen und Verbraucher halten eine Verpackung bei zahlreichen Produkten wie Obst und Gemüse für überflüssig. Eine Verbraucherbefragung von der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (pwc) hat gezeigt, dass 87 Prozent der Konsumenten verpackungsfreie Lebensmittel kaufen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.
So einfach die Rechnung, erst mal. Doch wer greift aus Bequemlichkeit oder dem dringenden Kaffeebedürfnis nicht doch das eine oder andere Mal zum Coffee-to-Go, oder vor verpacktem Salatteller? Hand aufs Herz, leider haben wir uns seit den sechziger Jahren bereitwillig an den satten To-Go-Lebensstil gewöhnt. Das Rad können wir auch nicht komplett zurückdrehen. Aber wir können innovative Produkte auszeichnen, die die Plastikverwendung aktiv reduzieren und trotzdem praktisch bleiben.
Ein gelungenes Beispiel dafür ist BioBaula. Ökologische, wirkungsstarke Reinigungsmittel in Tabs-Form, die durch Auflösen in Wasser ganz einfach bestehende Sprühflaschen auffüllen. Und auch für Verpackungen gibt es Lösungen. Biofutura stellt Einweggeschirr aus nachhaltig gewachsenen Palmblättern und Zuckerrohr her. Es tut sich etwas auf dem plastikfreien Markt.
Plastikalternativen können viel bewirken
Für die Industrie lohnt es sich, bestehende Verpackungskonzepte zu überdenken und bei der Verwendung Folien, Klebstoffen genau hinzuschauen. Für Hersteller, die sich diese Mühe machen, sind produktkennzeichnende Siegel ein absoluter Mehrwert. Primär geht es also bei der plastikfrei Kennzeichnung um eine Orientierung für den Verbraucher und um Glaubwürdigkeit. Denn viele Hersteller erkennen mittlerweile den Wert nachhaltiger Verpackungen an und schreiben sich gern „plastikfrei“ auf die eigene Fahne – das nur leider häufig ungerechtfertigt. Die Chefin der Verbraucherzentrale Berlin Elke Salzmann nimmt einen „Wettbewerb zur Reduzierung von Plastik“ bei den Unternehmen wahr. Und große Handelsketten haben angekündigt, die von der EU wohl künftig verbotenen Plastikhalme freiwillig schon früher aus dem Sortiment zu nehmen.
Doch das Problem sind nicht nur die Strohhalme, sondern auch die häufig irreführenden Selbsterklärungen der Industrie. Verpackungen, die aus Papier sind, aber mit einer Folie beschichtet, sind beispielsweise keineswegs plastikfrei oder nachhaltig. Auch nicht wenn der Hersteller hier „recycelbar“ oder gar „plastikfrei“ draufschreibt. Denn mit Ersterem ist die thermische Verwertung gemeint, und das Zweite trifft schlichtweg nicht zu. Karton der beschichtet ist kann nur verbrannt werden, weil er Plastik enthält. Der Verbraucher ist vor solchen Irreführungen bislang nicht geschützt und eine gesetzliche Einschränkung von Verpackungsmaterialien gibt es ebenfalls noch nicht.
Glas und Papier haben mit einer tatsächlichen Recyclingquote von 80 Prozent zwar viel Potential. Jedoch sind solche Verpackungen nicht gleich nachhaltig. Ein weiteres großes Problem bei Karton bleibt bis heute die Verwendung von Klebemitteln, die immer noch aus Kunststoff bestehen und für die es bislang keine Alternativen gibt.
Produktsiegel und Klarheit für den Verbraucher
Gerade in dieser Zeit des Umbruchs sollte sich der Verbraucher auf unabhängige Siegel wie Flustix verlassen können, das sich ganz klar nur auf die Nicht-Verwendung von Plastik spezialisiert. Vermeiden steht vor Verwerten. Andere Verbrauchersiegel können mit dieser Klarheit nicht mithalten, denn viele Parameter sind bei anderen Siegeln wie „bio“ oder „fairtrade“ nicht gleich geklärt. Flustix bietet mit der plastikfrei Definition wenig Raum für Interpretation und verlangt dem Verbraucher durch die Kennzeichnung der Endprodukte wenig Recherchearbeit ab.
Darüber hinaus beinhaltet unsere Arbeit als Verbrauchersiegel auch, dass wir die Wirtschaft ganz klar in der Suche nach plastikfreien Alternativen unterstützen und ein Netzwerk aufbauen. Zertifizieren wir plastikfreie Anbieter durch unser unabhängiges Prüfsystem, verknüpfen wir diese mit Herstellern aus jenen Wirtschaftszweigen die sich noch im Umbruch befinden und auf der Suche nach plastikfreien Zulieferern sind. Was funktioniert? Symbiosen aus Wirtschaft, Politik und Verbraucher. Der Rahmen für einen plastikfreien Markt muss durch die Politik geebnet werden und das Angebot muss sich schlicht der Nachfrage anpassen. Der Selbsterhaltungstrieb der Kunststofflobby hat hier nichts zu suchen.
Mitte des 20. Jahrhunderts wurden weltweit nur rund 1,7 Millionen Tonnen Kunststoffe pro Jahr hergestellt. Heute sind es über 335 Millionen Tonnen. Dabei verrottet Plastik nie, es ist ein ewiges Material. Was machen wir also mit dieser unvorstellbaren Menge Plastik?
Deutschland – Plastik exportieren, verbrennen, oder verwerten?
Deutschland ist ein Land, mit einer einigermaßen funktionierenden Abfallwirtschaft. Die Recyclingquote laut der Deutschen Gesellschaft für Abfallwirtschaft (DGAW) liegt zwischen 31 und 41 Prozent. Wobei die Zahlen von Organisation zu Organisation oszillieren. Das Bundesumweltministerium kommt gar auf eine Recycling-Quote von rund 80 Prozent, gewerblicher Müll und Industrieabfälle eingeschlossen. 50 Prozent des Wertstoffes aus dem System der Gelben Tonne wird aufgrund von sogenannten „Fehlwürfen“ nicht etwa verwertet, sondern „thermisch recycelt“, also verbrannt. Der Anteil der tatsächlichen stofflichen Verwertung von Plastikabfällen liegt hierzulande bei traurigen zwölf Prozent. Eine ernüchternde Zahl für Deutschland, das sich als Recyclingweltmeister versteht, fleißig Müll trennt und Pfandflaschen zurückbringt.
Fakt ist: Auch in unseren Flüssen, Meeren und dem Boden landet immer noch ein nicht akzeptabler Teil unseres hauseigenen Plastikmülls. Langsam steuert die Politik gegen und möchte Einwegplastik verbieten und die Kreislaufwirtschaft fördern. Plastikalternativen sind schon auf dem Markt, doch bis sich Wirtschaft und Abfallindustrie an die neuen Materialien anpasst, wird leider noch einige Zeit ins Land gehen. Eines ist jedoch sicher: Spätestens seit Chinas und Thailands Importstopp von Plastikmüll müssen wir uns fragen, wie wir Plastik fundamental neu denken können um selbst nicht darin zu ertrinken.