Nach Pfandflaschen kommen jetzt Pfandtaschen: Start-up bringt smartes Mehrweg-System für Versandhandel auf den Markt

Nach Pfandflaschen kommen jetzt Pfandtaschen: Start-up bringt smartes Mehrweg-System für Versandhandel auf den Markt 1920 768 flustix

INNOVATIONEN

Der Versandhandel boomt, trotz Wirtschaftskrise werden täglich mehrere Millionen Pakete durch Deutschland geschickt. Im Jahr 2021 waren es insgesamt knapp vier Milliarden Warensendungen – Rekord. Die Folge: Unvorstellbare Mengen an Verpackungsmüll müssen entsorgt werden. Die vollgestopften Altpapier-Container sind stumme Zeugen dieser Entwicklung. Ein Start-up startet jetzt mit einer Innovation durch: wiederverwendbare Versandtaschen und ein dazugehöriges Pfandsystem sollen die Verpackungs-Branche nachhaltig verändern.

Hinter Boomerang steckt ein komplettes Mehrweg-System

Anbieter von Mehrweg-Verpackungen gibt es viele. Das Hamburger Start-up aber bietet eine ganzheitliche Lösung an, ein komplettes Mehrweg-System, das von Versandhändlern genutzt werden kann. „Bei uns steht hinter der Tasche noch ein innovatives Pfand- und Clearing-System, das wir selbst entwickelt haben, inklusive der benötigten Infrastruktur“, sagt Katharina Kreutzer, eine der drei Gründer:innen von Boomerang. Denn die mit den bestellten Produkten gefüllten Taschen müssen ja nicht nur zu den Kund:innen hin, sie müssen vor allen auch wieder zurück.

Boomerang-Packs können bis zu 50-fach verwendet werden

Wie sieht ein Boomerang-Pack aus? Ähnlich wie eine Versandtüte der konventionellen Fashion-Shops. Das Material ist fester und wesentlich haltbarer, besteht aus Kunststoffen, die künftig in einem eigenen Kreislauf sortenrein recycelt werden sollen. Smart: Die Taschen können mit Hilfe von Klettverschlüssen in drei Größen gefaltet werden. Katharina erzählt: „Unser Pack bietet unfassbar viel Platz. Die klassische Bestellung bei einem Online-Shop passt auf jeden Fall rein: Vier Hoodies, ein paar Schuhe und zwei Hosen. Wenn du eine Rücksendung hast und nur einen Teil zurückschicken willst, kannst du die Größe entsprechend verstellen. So hat man den Leeranteil minimiert.“

Wer nichts retourniert, steckt das Pack in den Briefkasten

Wie kommt das Pack zurück, wenn nichts retourniert wird? Einfach auf A4-Größe falten – und ab in den Briefkasten damit. Nach der Rücksendung gibt’s das Pfand zurück – drei Euro. Reicht das, um die Menschen zu motivieren, den Weg zum Briefkasten zu machen? „Es gibt Studien, die die Zahlungsbereitschaft für solche Modelle untersucht haben. Daran haben wir uns orientiert“, sagt Katharina. Wie hoch die Rücklaufquote am Ende ist, das wird sich jetzt zeigen – denn Boomerang startet aktuell in 20 Online-Shops, in denen vor allem Textilien und Nachhaltigkeits-Waren angeboten werden. „Hauptsache nicht zerbrechlich“, so Katharina, „wir sind nicht auf Branchen fixiert. Von uns aus kann da auch verpacktes Hundefutter rein.“

Retournierte Taschen werden im Logistik-Zentrum gereinigt

Und da wären wir schon beim nächsten Punkt: Die Packs müssen natürlich auch gereinigt werden. Dafür schafft Boomerang Logistik-Zentren mit Partnerunternehmen. Hier landen die leeren Pfandtaschen, werden gecheckt, gereinigt und wieder an die Versandhäuser ausgeliefert. Ein enormer Aufwand, der gerade in der Startphase viel Geld kostet. Doch die Branche ist angefixt von der Idee. Die Five Investments GmbH, eine Gesellschaft renommierter Logistik-Unternehmen, fördert das Start-up mit einer hohen sechsstelligen Summe. Beim Pitch-Wettbewerb Start-up-Champs 2022 holte Boomerang in der Rubrik Mobility und Logistics den Regionaltitel für Hamburg.

Gründerin schmiss für das Projekt ihre sichere Festanstellung

Auch das Gründungs-Trio selbst ist von dem Projekt überzeugt. Katharina Kreutzer, Christian Putz und Marc Engelmann lernten sich digital über ein Online-Portal, eine Art Tinder für Gründer:innen, kennen. Geburtsort des neuen Unternehmens: die Garage des Hamburger Journalisten Marc. „Nach ein paar Tagen der Zusammenarbeit war klar: wir starten durch. Danach ging es ganz schnell. Ich habe meine Wohnung und meinen Job gekündigt und bin nach Hamburg“, erzählt Katharina, die zuvor als Zentraleinkäuferin für einen großen Lebensmittelkonzern gearbeitet hat.

Inzwischen ist Boomerang ein Team aus 12 Leuten. Aus der Garage ist eine Bürofläche von 300 Quadratmetern im Coworking-Space eines großen Versicherungskonzerns in der Hamburger City geworden. In den kommenden Wochen gibt Boomerang auf seinem LinkedIn-Kanal nach und nach bekannt, welche Shops ihre Waren künftig mit den neuen Mehrweg-Packs verschicken.

Vorbildlich, wie Boomerang die Branche mit seiner Innovation verändern will. Bisher setzen die meisten Unternehmen nach wie vor auf Einweg-, nicht auf Mehrweg-Lösungen. Lest dazu auch unseren großen Überblick: Wie die großen Online-Händler Amazon, Otto & Co. bei den Verpackungen Ressourcen einsparen.

Image Credits: Boomerang