Verloren im Label-Dschungel? Wie (un-)bekannt grüne Siegel wirklich sind

Verloren im Label-Dschungel? Wie (un-)bekannt grüne Siegel wirklich sind 1920 768 flustix

Bio und vegan, MSC und Oekotex: Auf dem Joghurtbecher, der Socken-Banderole oder dem Glasreiniger – überall prangen inzwischen kleine bunte Nachhaltigkeitssiegel, oft sogar mehrere nebeneinander. Blickt da überhaupt noch jemand durch? Das auf Nachhaltigkeit spezialisierte Newsportal Utopia hat für eine Label-Studie 3002 Teilnehmer:innen online gefragt, welche Siegel wirklich nützlich sind und beim Einkaufen helfen. Die Ergebnisse sind sowohl für Hersteller als auch für Kundinnen und Kunden spannend – und manchmal ziemlich überraschend.

Die 10 wichtigsten Facts aus der Studie

1. Lebensmittelsiegel sind am bekanntesten

Die meisten Befragten (mehr als 80 Prozent) kennen dem Namen oder Logo nach neun Lebensmittelsiegel, sechs Kosmetiksiegel und vier Bekleidungssiegel. Am bekanntesten in allen drei Katego-rien sind die Label Fairtrade, Ökotest und Stiftung Warentest.
Weitere sehr bekannte Zertifikate: Deutsches Bio-Siegel, Demeter, Bioland, Nutriscore, EU-Bio-Siegel, V-Label, Blauer Engel.

2. „Sprechende“ Label werden am einfachsten erkannt und genutzt

Die Befragung hat gezeigt: Siegel, die logisch sind und sich selbst erklären (Fairtrade, Ökotest, Vegan), helfen am besten beim Einkauf. Je abstrakter das Siegel, desto unbekannter ist es auch. Gerade bei Kosmetik und Kleidung kennen Konsumenten zwar die übergeordneten Siegel wie Fairtrade oder Ökotest, aber weniger die eigentlichen Verbandssiegel wie GOTS, BCI oder Häschen-Logos ohne Namen.

3. Es ist wichtig, was ein Siegel bedeutet

Hauptsache ein paar Siegel drauf und der Verkauf läuft besser? Das funktioniert nicht! Nur jeder sechste Befragte stimmt der Aussage zu, dass er ein Produkt mit Siegel generell besser findet als eines ohne. Alle anderen gaben an, dass es darauf ankommt, was für ein Siegel es ist und welche Eigenschaften es zusichert.

4. Nachhaltige Möbel und Banken sind schwer erkennbar

In den meisten Bereichen fällt es Kund:innen schon leicht, nachhaltige Produkte zu erkennen. Am einfachsten ist es bei Lebensmitteln und Kosmetik: 81 bzw. 77 Prozent der Befragten gaben an, nachhaltige Angebote in diesen beiden Bereichen leicht zu erkennen. Anders bei Banken und Möbeln: Hier finden es 69 bzw. 73 Prozent schwer, derartige Produkte zu erkennen. Im Mittelfeld rangieren Haushaltsartikel, Energie und Bekleidung: Etwa die Hälfte der Befragten findet in diesen Bereichen leicht nachhaltige Angebote.

5. Kund:innen vertrauen Zertifikaten unabhängiger Organisationen mehr

Die vertrauenswürdigsten Siegel stammen nach Ansicht der Befragten von Umweltschutzorganisationen, Verbänden und NGOs, gefolgt von Zertifikaten staatlicher Testinstitute und Institutionen. 89 bzw. 72 Prozent der Befragten vertrauen diesen Nachhaltigkeitssiegeln. Zertifikaten privatwirtschaftlicher Testinstitute vertrauen nur noch 16 Prozent, Label von Herstellern selbst und dem Handel finden nur noch 12 Prozent der Kund:innen vertrauenswürdig. 5 Prozent vertrauen gar keinem „Absender“. Wie eine Umweltschutzorganisation gegen falsche Siegel vorgeht, lest ihr hier.

6. Fünf Hauptprobleme schwächen das Vertrauen in ein Siegel

Aus der Befragung der Utopia-User ergab sich folgendes Negativranking über Probleme, die das Vertrauen in ein Label schwächen:

  • Über ein Produkt mit diesem Label gibt es negative Schlagzeilen.
  • Das Zertifikat wird von einer Marke benutzt, der man nicht vertraut.
  • Der Kunde versteht gar nicht, wofür das Siegel steht.
  • Das Zertifikat ist noch nicht bekannt.
  • Das Siegel prangt auf zu vielen Produkten.
7. Jedem dritten Deutschen ist Nachhaltigkeit ziemlich egal

Wer sich für Ökothemen interessiert, findet dieses Studienergebnis wahrscheinlich ziemlich überraschend. In der Studie wurden die Beteiligten gemäß ihren Antworten in sechs Shoppingtypen eingeteilt: der Konsequente, der Green Shopper, der Bedächtige, der Gelegentliche, der Sorglose und der Ablehnende. Die Untersuchung ergab: 20 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland sind demnach Ablehnende, weitere 17 Prozent Sorglose. Beide Gruppen interessieren sich nicht besonders für Nachhaltigkeit und entsprechende Label. Positiv natürlich: Den „restlichen“ 63 Prozent der Deutschen sind Nachhaltigkeit und ökologischen Konsum wichtig.

8. Label sind das wichtigste Erkennungsmerkmal nachhaltiger Produkte

Beim Einkaufen orientieren sich umweltbewusste Kund:innen in erster Linie an Zertifikaten. An folgenden Merkmalen erkennen und finden sie nachhaltige Produkte:
85 Prozent am Nachhaltigkeits-Label
66 Prozent an Herstellerangaben auf dem Produkt
47 Prozent an der Platzierung im Bereich für nachhaltige Produkte
42 Prozent am Regal oder Shop
32 Prozent an Informationen und Werbung
16 Prozent am Verpackungsdesign
11 Prozent durch Beratung / Verkaufsgespräch

9. Kund:innen fallen nur eine Handvoll Siegel ein

Die Studienteilnehmer:innen wurden gebeten, Nachhaltigkeitslabel für verschiedene Bereiche zu nennen. Ergebnis: Bei Lebensmitteln konnten sie im Durchschnitt 3,6 Siegel aus dem Kopf nennen, bei Kosmetik sogar nur 1,6 und bei Bekleidung auch 1,6. Bei der sogenannten gestützten Befragung wurden die Teilnehmenden danach direkt gefragt, ob sie dieses oder jenes Siegel kennen. Hier kannten sie im Durchschnitt 14,3 Lebensmittelsiegel, 9,1 Zertifikate bei Kosmetik und 7,8 bei Bekleidung.

10. Umweltbewusste Konsument:innen recherchieren aktiv zu neuen Labels

Greenwashing und Schummel-Label können von den meisten Konsument:innen schnell durchschaut werden. Die Studie ergab: Je nachhaltigkeitsaffiner die Befragten sind, desto mehr informieren sie sich auch über Label. In der „grünsten“ Gruppe der Konsequenten gaben 44 Prozent der Befragten an, sich über neue Zertifikate zu informieren. Weitere 41 Prozent recherchieren auch ohne Anlass nach Fakten über Label.

Neue EU-Verordnung bringt mehr Sicherheit für Konsument:innen

Fazit: Kund:innen vertrauen einfachen Labeln mit ehrlichem Hintergrund. Die Zertifikate dienen als Hilfe beim Shopping, insbesondere bei Lebensmitteln, Kleidung und Kosmetik. Die bevorstehende Verschärfung der EU-Verbraucherschutz-Verordnung entspricht den Bedürfnissen der Menschen: Das Vertrauen in Zertifikate von unabhängigen Institutionen mit einer offiziell zugelassenen Zertifizierung ist besonders groß. Genau das bringt die neue Verordnung mit sich.

Das könnte dich auch interessieren:

Anti-Greenwashing-Verordnung: Diese Begriffe stehen künftig auf dem Index

Die neue EU-Verordnung trifft die Verpackungs-Branche – da werden sich einige noch wundern

Image Credits: Utopia